Hegau Bodensee Seminar

Do, 27.3.25 | Die Seele aller Zufälle (Fabio Stassi)

Die Seele aller Zufälle
eine Lesung in italienischer Sprache mit Fabio Stassi (Schriftsteller und Direktor der Biblioteca Orientale, Universität Sapienza in Rom)

Mit freundlicher Unterstützung des Rotary Clubs Konstanz und des Kulturamtes der Stadt Konstanz

Wann?Do, den 27. März 2025 um 18 Uhr
Wo?Alexander-von-Humboldt Gymnasium Konstanz (R346) und im Livestream
Eintrittfrei
Info:Lesung in italienischer Sprache

Wenn du alles verloren hättest, und dir nur eine einzige Erinnerung gestattet wäre, welche würdest du wählen?“ Diese Frage steht im Zentrum von Fabio Stassis Detektivroman um den Bibliotherapeuten Vince Corso, der in seiner Dachgeschosswohnung in der römischen Via Merulana Patienten, meist Frauen, mit Buchempfehlungen zu kurieren versucht. Eines Tages stellt eine Besucherin ihn vor ein schier unlösbares Rätsel: Ihr an Alzheimer erkrankter Bruder, ehemals ein großer Bibliophiler und Weltreisender, wiederholt immer wieder gewisse Sätze – womöglich Zeilen aus einem Buch?


Vince erhält Zugang zur Wunderkammer-Bibliothek des Alten und gerät immer tiefer hinein in ein Labyrinth aus unendlich kombinierbaren Zeichen, Verdachtsmomenten und unvermeidlichen Zufällen. Hat der Alte in besagtem Buch sein Testament versteckt, braucht er Vinces Hilfe? Was hat es mit der schönen und klugen Chinesisch-Lektorin Feng auf sich, deren Bekanntschaft Vince bald macht? Vince wird fündig, aber auf andere Weise als vermutet: Am Ende wartet er auf ein Gespenst, im Esquilin, dem Viertel der „Alchimisten und Geistererscheinungen“. Und das Gespenst wird kommen. Eine raffiniert angelegte, schwindelerregende Spurensuche durch ein Rom jenseits der Klischees, und eine Hymne auf die Literatur, die dem flüchtigen Stoff der Erinnerung ein Zuhause bietet. Dabei gilt das Motto, dem Vince sich erfolgreich anvertraut: „Du musst quergehen, Vince. Der falsche Weg ist der Richtige.”

Fabio Stassi ist in Rom geboren, die Stadt, wohin viele Sizilianer nach dem Krieg emigriert sind. Seine Wurzeln aber reichen in mehrere Weltregionen, Buenos Aires, Albanien, Karthago, Mittlerer Orient. Im Mittelpunkt seiner literarischen Suche stehen die Themen: mehrfache Identitäten, die Sprache und das Sprechen (von der Aphasie bis zur Zensur), das Gedächtnis und das Erinnern, die Bibliotheken als demokratischer Ort der Freiheit und ihre Zerstörungen; die Heilkraft der Dichtung und Literatur. Seine Vorbilder sind Leonardo Sciascia, Gesualdo Bufalino, Vincenzo Consolo.

Seinen Durchbruch als Schriftsteller hatte er mit dem Roman Fumisteria, (Neuauflage 2015) über das Massaker Portella della Ginestra, 1. Mai 1947, bei Piana degli Albanesi, die Stadt (Arberesh-Gründung), woher seine Familie stammt. Mit den Detektivromanen über den Bibliotherapeuten Vince Corso, einem arbeitslosen Gymnasiallehrer, der in einer kleinen Behausung in der Via Merulana in Rom zusammen mit seinem stummen Hund Django lebt und seine Patienten empfängt, hat er sich ins Herzen seiner Leserschaft geschrieben: La  lettrice scomparsa (2016); „Die Seele aller Zufälle“ (2024) (Ogni coincidenza ha un’anima) HOTLIST 2024; „Ich töte wen ich will (2022) (Uccido chi voglio); Notturno francese (Frühjahr 2026 bei Edition Converso), alle Ü Annette Kopetzki.

Zur Buchmesse 2024 ist sein Dante-Essay erschienen: „Ich, ja ich werd‘ Sorge tragen für dich – Kurze Abhandlung über Dante, die Dichtung und den Schmerz“ (Ü Monika Lustig), in dem er uns Dante als einen fragilen, alle Leiden unserer Zeit vorwegnehmenden, sehr irdischen Dichter zeigt: Die Notwendigkeit, die (poetische) Stimme zu erheben, um dem Geschrei der Diktatoren keinen Raum zu geben. Sein politischstes Werk Babelplatz. La Notte dei Libri bruciati, das just von den Bücherverbrennungen der Nazis ausgeht und eine Reise auf der Suche nach einer neuen Identität als Leser darstellt, ist Anfang Oktober bei Sellerio editore erschienen, wo sein ganzes Werk erscheint.

Er wurde mit sämtlichen Literaturpreisen, benannt nach italienischen Schriftstellern – Vittorini, Sciascia, Scerbanenco, Arpino, Dessì, Croce -, aber auch mit den renommierten Premio Stresa und Premio Alassio ausgezeichnet.

In Deutschland erhielt er den Hermann-Kesten-Preis 2024 (PEN Deutschland/Land Hessen), mit dem Persönlichkeiten ausgezeichnet werden, die sich für verfolgte und inhaftierte Schriftsteller und somit für verfolgte, verbotene, zensierte Literaturen einsetzen.

Dem Vortrag können Sie auch im Livestream folgen. Sie finden ihn auf unserem Youtube-Kanal https://youtube.com/@hegau-bodensee-seminar